Dienstag, November 4

Hollywood Trash Vol.3

Michael Cera



Fan- und Fake-Accounts rankeln sich um seinen Namen, wie Efeu um die blassen Gemäuer des Lindauer Diebsturms. Es ist also gar nicht mal so leicht, dem Kanadier Michael Cera auf den Versen zu bleiben. Gut, dass wenigstens sein Schauspielerkollege und BFF, Jonah Hill, den smarten Komödianten im Auge behält und vor einigen Monaten via Twitter auf dessen Solo-Debüt-Album "True That" aufmerksam machte. Das Album umfasst 18 Songs und bietet - nunja - alles andere, als den befürchteten Hollywood-Bombast. Sicher, Stars wie Johnny Depp, Scarlett Johansson und vor allem der William-Shatner-Trash haben auch gezeigt, dass derartige Nebenbeschäftigungen nicht zwangsläufig im kitschigen Mainstream-Morast á la 30 Seconds to Mars versinken müssen. "True That" klingt selbst angesichts dieser Vergleiche noch recht unkonventionell. Das Intro "uhohtrouble" zirpt und knarzt sich durch Neofolk, während das folgende "Moving In" mit einem verzerrt klimpernden Piano durch die Prärie hetzt und letztendlich im Saloon landet. Zwei Songs, die nicht nur hinsichtlich des spartanischen Covers noch eher an Homerecording-Experimente erinnern. Doch spätestens mit dem Blaze-Foley-Cover "Clay Pigeons" beweist Cera nicht nur einen treffsicheren Geschmack für amerikanischen Singer/Songwriter-Folk, sondern bügelt diesem auch ein zeitlos schönes Lo-Fi-Gewand über. "Steady Now", das ausdauernde "Ruth" und der Closer "Those Days" sind ähnlich harmonische und Seelen wärmende Ohrwürmer, die lediglich von dem jazzig vertrackten "What Gives (...)" und der etwas abgedrehten Liebeserklärung "ohNadine (...)" aus der Spur geworfen werden. In den übrigen, instrumentalen Songs dazwischen, lässt sich Cera teils frivol, teils bedächtig am Piano und der Gitarre aus oder experimentiert mit Electronicas.
Was nach einem Hördurchlauf noch immer die Skepsis hinsichtlich einer weiteren Fake-Meldung nachsichzieht, entpuppt sich tatsächlich als das Homerecord-Solo-Debüt eines der derzeit bestbezahlten Schauspieler Hollywoods. Und wer Michael Cera bislang auch abseits seiner Schauspielerei verfolgt hat, dem dürfte die Tatsache nicht neu sein, dass er nicht nur in diversen Gruppen wie The Long Goodbye aktiv war, sondern auch als Live-Bassist der Indie-Rock-Supergroup Mr. Heavenly und als Gitarrist und Background-Sänger auf Weezer's Album "Hurley" aushalf.

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The Shining

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Wer kennt ihn nicht, den von Stanley Kubrick in Szene gesetzten Stephen-King-Klassiker "The Shining", in dem Hausmeister Jack Nicholson vor einsamer Geisterhotelkulisse dem Wahnsinn erliegt und seiner Familie nach dem Leben trachtet. Bis heute legendär: die Szene, in der Nicholson mit der Axt voraus durch die Toilettentür berstet und voher noch einen kurzen, irren Blick in den Raum wirft (Filmcover). Auch die niederländische Band The Shining hat hörbaren Spaß bei der Kleinholzverarbeitung. Das Quartett aus Amsterdam, das von einigen Line-Up-Wechseln nicht verschont blieb und deren Mitglieder u. A. bei The Works und Rupsband aktiv waren, wütet bereits seit 2001 und kann bislang auf zwei LP's, zwei 7inches und die genre-mäßig hohe, nur schwer überschaubare Anzahl von Split-Releases (min. sechs) zurückblicken. Darauf  tobten sich die vier wild, aber stets fett groovend - bis auf das selbstbetitelte Quasi-Debüt, das noch eher vom dreckigen Hardcore-Punk'n'Roll voran getrieben wurde - im Extreme- bzw. Trash-Metal aus, mit ordentlicher Punkkante und gelegentlichen Crossover-Ausflügen, was der Band anerkennende Referenzen wie D.R.I. (mit denen sie sich die Bühne teilten) und Attitude Adjustment (die sie coverten) einbrachten.
Für 2014 ist mit "The Infinite Reign of Madness" ihre dritte LP angekündigt (??), von der bereits vier Songs auf Bandcamp erschienen sind und deren Release eigentlich das japanische Label Crew For Life Records übernehmen sollte, auf dem auch The Shining's diesjährige Japan-Tour-Partner Crucial Section beheimatet sind.

DL Split w/ Crippled Fox -> A-Seite////B-Seite
DL Drinking Buddies-Split w/ Citizen Patrol -> A-Seite////B-Seite
DL Speed Kills, But Who's Dying?-3-Way-Split w/ Verbal Abuse & Scheisse Minelli -> A-Seite
DL Split w/ Lahar -> A-Seite
DL Split w/ Waking the Dead -> A-Seite

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Danny Trejo

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WOW! Was für ein fieses Brett, dass uns hier direkt aus dem Herzen des italienischen Undergrounds vor den Latz geknallt wird. Naja, eigentlich mehr aus der Oberschicht des Undergrounds, denn neben Hardcorekleinstbands wie Santa Banana, Discomfort, Undisputed Attitude, Tears Before, Inerdzia und Gonna Fall Hard, waren die sechs Venezianer auch schon in den wesentlich bekannteren Ska- und Street-Punk-Gruppen Talco und Los Fastidos aktiv. Als Danny Trejo, benannt nach dem ewigen Schützling von Kultregisseur Robert Rodriguez, der selbigen Status nicht nur zuletzt durch seine Rolle als "Machete" erlangte, sind die sechs Italiener nun seit 2011 aktiv, debütierten 2012 mit ihrer selbstbetitelten EP, der zwei Jahre später nun mit "Human Extinction" der erste Longplayer folgt. Die Entleihung des Namens kam nicht von ungefähr, denn ähnlich wie ihr mexikanisches, schauspielerndes Pendant metzelt sich die Band in ihren Songs durch pfeilschnellen, bissigen wie pissigen und trashigen Hardcore-Punk und Fastcore. Dass Danny Trejo mittlerweile den feuchten und rohen Proberaumklang hinter sich gelassen haben und stattdessen für die Aufnahmen lieber das Studio besuchen, ist kein (Punk-)Verrat, sondern angesichts der immer wieder im Hintergrund aufheulenden, wirbelnden und treibenden Rockgitarren fast schon eine Notwendigkeit. Denn neben fiesem Nonstop-Gekleffe, bietet "Human Extinction" vor allem groovige Melodien, nachzuhören in Songs wie "Breaking Point", "Among Wolves", "Agency", "No Thanks" oder dem absolut freidrehendem "Memories vs. Goals". Ich kann's nur noch mal wiederholen: WOW!!

DL Human Extinction LP

DL Self Titled EP

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Roseanne Barrr

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Roseanne Barr, ihres Zeichens Stand-Up-Komikerin und ehemaliger US-Serien-Star, die in der jüngeren Vergangenheit vor allem durch ihr politisches Engagement in Erscheinung trat und sich als Kandidatin der links-gerichteten Partei Peace and Freedom u. A. für die Legalisierung von Marihuana und für die Gleichstellung von Lesben und Schwulen stark machte. Kein Wunder also, dass das Londoner Queer-Duo Roseanne Barrr ausgerechnet auf diesen Namen zurückgreift. Hinter der Band verbergen sich Bassist Patrick und Schlagzeugerin Sophie, die auch bei den nicht weniger fordernden Improvisations-Punks Woolf mitmischt. Was beide gemeinsam auf ihrem zweiten Longplayer "Repulsion" veranstalten, entzieht sich zunächst jeglicher Allgemeindefinition. Punk, Grunge, Avantgarde und No-Wave sind nur einige Bausteine, die im größtenteils improvisierten Klangkonstrukt des Duos verarbeitet werden. Sicherlich, wer sich in dieser (musikalischen) Szene herumtreibt, hat schon so einiges mitangehört, vielleicht sogar -erlebt. Für Diejenigen dürfte der nihilistische Grundgedanke der Songs, der von Gewalt, Exzesse, Sex und Mord so ziemlich jedes Tabu-Thema abdeckt, auch keine all zu große Hürde darstellen. Musikalisch braucht es da aber schon ein dickeres Fell. "Thief's Journal" ist trotz nervenstrapazierendem Duett-Gesangs-/Geschreie der zugänglichste Song der LP. Bereits das darauffolgende "Feed Me" erinnert dagegen am wahnsinnigen Punktrash anfänglicher Melt Banana, das düster-monumentale Bollwerk "Desert" paart manisches Getrommel mit einer verzerrt que(e)rschießenden Trompete und "Skinned Rabbit" kommt einem Mitschnitt aus dem Irrenhaus gleich. Unvergleichlich, daher auch keine Empfehlung meinerseits. Einfach anhören und selbst entscheiden.

DL Dumb Broad LP
DL Repulsion: Extras
DL Live at Lambeth Womens Projekt

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